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Selbstreinigung

Geschichte

Kulturgeschichte des Wassers


Die Selbstreinigung des Wassers

Die Beobachtung der Selbstreinigungskraft des Wassers faszinierte die Wissendes 19. Jahrhunderts sehr. Die Selbstreinigung wurde richtig als Oxidation verschmutzender Verbindungen erklärt, eine genauere Vorstellung von der Beteiligung lebender Organismen an dieProzess war aber bis zur Mitte des Jahrhunderts nicht vorhanden. LIEBIG leugnete bis an sein Lebensende die Beteiligung von Lebewesen an den natürlichen Abbauvorgängen, die in seinen Augen nur chemische Prozesse waren.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts etablierte sich die Wissenschaft der wasserhygienischen Zoologie, deren Aufgabe es war »aus der Feststellung der makro- und mikroskopischen Fauna eines natürlichen Oberflächen- oder Grundwassers, das der Wasserversorgung für Trink-, Tränk- und Badezwecke oder als Vorfluter für städtische und gewerbliche Abwässer dient, Schlüsse auf die Wasserbeschaffenheit zu ziehen.« (BLUNCK 1935).
Ihre Arbeiten wurden in den Anfängen der Mikroskopie selten ernst genommen, doch die wasserhygienisch interessierten Zoologen wurden schnell unentbehrlich, denn in den zunächst geschaffenen Trinkwasserleitunwuchsen Schwämme, und in den Sandfiltern, die zur Filtration von Flusswasser installiert worden waren, wuchsen Algen und verstopften diese. Flüsse und Bäche wurden durch die verschiedenen Industriezweige gefährdet, die im Verlauf der Industrialisierung entstanden waren. Die Hauptverschmutzer waren »neben den Zucker- und den Papierfabriken vor allem die Kohlebergwerke mit den Grubenwässern und verschiedenste Chemiewerke. Die Abwässer der Sodafabriken etwa stanken nicht nur nach Schwefelwassondern griffen wegen ihres Salzäuregehalts sogar die Metalle der Schiffe und der Schleusentore an. ( ... ) Der Zustand der Gewässer und die Qualität des Trinkwassers verschlechterten sich unterdessen weiter.«
(KLUGE und SCHRAMM1988). Am Ende des Jahrhunderts war genug Wissen zusammengetragen worden, um die biologische Wasseranalytik auf wissenschaftliche Beine zu stellen. 1901 wurde die Preußische Königliche Versuchs- und Prüfungsanstalt für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gegründet. Hier entwickelten zwei Forscher, MARSBON und KOLKWITZ, bis 1908 das Saprobiensystem. Saprobien sind Lebewesen, die in verwesenden Stoffen leben. Das System beruhte auf etwa tausend Süßwasserorganismen, die in verschiedene für den Verunreinigungsgrad charakteristische Gruppen aufgeteilt wurden. »Zur Untersuchung zwecks Wasserbeurteilung kommen die tierischen Organismen des Planktons, des Ufers und Grundes. Dabei wird zwischen einer makro und einer mikroskopischen Analyse unterschieden, von denen die erstere schon bei der Untersuchung an Ort und Stelle in gewissem Maße ein Urteil über die Wasserbeschaffenheit zulässt. ( ... ) Wenn auch die zoologische Analyse nicht mit solchen exakten Zahlenwerten wie die chemische Wasseranalyse zu arbeiten vermag, so kann sie diese doch an Wert übertreffen, und zwar vermittels der Ufer- und Grundbeschaffenheit. Die hier zur Ansiedlung gekommenen Lebensgemeinschaften ändern sich auch nach erfolgtem Wechsel der Wasserbeschaffenheit in ihrer Zusammensetzung nur allmählich. Wird also während einer Wasseruntersuchung der Verunreinigungsherd des betreffenden Gewässers, also der Zulauf eines Abwassers, vorübergehend ausgeschaltet, so gibt die Entnahme einer chemischen Wasserprobe kein zutreffendes Bild im Gegensatz zu der biologischen Ufer- und Grunduntersuchung.« (BLUNCK 1935). Das ist gerichtsentscheidend, also wertvoll. Bis heute hat diese in ihren Grundzügen einfache Analysemethode immer mehr Gewicht erhalten. Das Saprobiensystem ist für Abwasseruntersuchungen entwickelt worden. Sauberes Wasser enthält kaum Saprobier. Was in sauberem Wasser lebt, wurde aber auch erfasst und untersucht. Mit AUGUST THIENEMANN entstand zur gleichen Zeit die Limnologie, die Ökologie des Süßwassers. In der Abwasserbiologie hat der Hamburger Hygieniker DUNBAR die Rolle der Kleinstlebewesen bei der Zersetzung organischen Materials betont.
In dieser so entscheidenden Zeit, in der die Flüsse an Abwasser starben und in der die Menschen in den Städten am Trinkwasser starben, wurden die Zusammenhänge der Selbstreinigung von Gewässern erkannt. Die Chemie kannte die Gifte, die das Wasser verschmutzten, und erkannte die Umsetzungsprodukte. Die Biologie kannte die Lebewesen, die von Schmutz lebten und erkannte, wie diese den Schmutz umsetzen. Zwar fehlte noch das beiden Wissenschaften gemeinsame, das biochemische Verständnis von den Vorgängen, doch war das wissenschaftliches Fundament für die biologische Abwasserbehandlung gelegt.


L&J Kraschewski GbR - letzte Aktualisierung am 15 Dez 2010

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